Urteile

Schon vor der Verabschiedung des neuen § 554 BGB durch den Bundestag im Oktober 2024 gab es immer wieder Urteile über die Nutzung von Solar auf dem Balkon oder der Terrasse1  durch Mieterinnen und Mieter.

Wir haben hier die dem BalkonSolar e.V. bekannten Urteile gesammelt. Es ist durchaus möglich, das es noch mehr Urteile gibt, von denen wir nichts wissen. Deutsche Gerichte veröffentlicht von sich aus nicht alle Urteile die sie fällen, sondern nur die bei denen sie annehmen, “an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann.” (Wikipedia)

Wird eine Entscheidung von sich aus vom Gericht nicht veröffentlicht, dann kann man immer danach fragen, das kostet aber dann eine geringe Gebühr (irgendwas zwischen 1,50 und 5 EUR).

Wer von Urteilen Kenntnis hat, der kann sie uns gerne schicken.

Wir haben die Urteile versucht, chronologisch zu ordnen und jeweils zusammenzufassen. 

Meist würde ein Verfahren so laufen, dass Mieter auf Genehmigung oder Vermieter auf Abbau vor dem örtlichen Amtsgericht klagen, da dieses für Mietsachen zuständig ist. Das kann man erstmal ohne Anwalt – ob das empfehlenswert ist, sei dahingestellt. Wenn dann nicht das gewünschte Ergebnis kommt, dann kann man noch – wenn der Streitwert hoch genug ist – vor das Landgericht. Teilweise wählen die Vermieter, weil sie einen fest angestellten Juristen haben, einen niedrigen Streitwert, um die Vertretung durch einen Anwalt unattraktiv zu machen. 

Bisher gibt es in Deutschland nur Urteile der Landgerichte, das wäre in der Regel die zweite Instanz oder die erste, wenn der Streitwert hoch genug war. Daher ist noch keiner bis vor höhere Gerichte gezogen, etwa Oberlandesgericht oder sogar den Bundesgerichtshof, um grundsätzliche Rechtsfragen zu klären.

Solar am Balkon in Liggeringen (Radolfzell)

Grundsätzlich ist jede Gerichtsentscheidung eine Einzelfallentscheidung, besonders von den unteren Gerichten. Ein anderes Amtsgericht könnte die gleiche Sachlagen anders bewerten. Daher der oder die Richter:in schaut sich den Einzelfall an, ob man daraus dann bestimmte grundlegende Tendenzen ableiten kann, ist nicht immer klar. Es kommt auch immer auf die Umstände an: Etwa es ist glaubwürdig, dass die Mieter die aufhängen, das ordentlich machen können; wie alt ist das Gebäude oder die Elektrik; wie clever die Rechtsanwälte beider Seiten; wie verhalten sich beide Seite vor Gericht, …

Nun gab es bei der Änderung des § 554 BGB für das Mietrecht durch den Bundestag ein Problem: Das federführende Justizministerium hat keine gute Begründung geliefert. Das haben eine Reihe von damit befassten Gruppen auch scharf kritisiert – denn die Gesetzesbegründung ist eine der Texte in denen Gerichte bei frischen Rechtsfragen nachschauen, was denn der Gesetzgeber, dessen Willen sie interpretieren sollen, gemeint haben könnte.

Bei Zivilverfahren gilt der sog. Beibringungsgrundsatz – Er besagt, dass das Gericht im Zivilrecht und dazu gehört das Mietrecht, seine Entscheidung nur auf die Tatsachen und Beweismittel stützen darf, die von den Parteien (Kläger und Begklagte) selbst beigebracht also vorgetragen und bewiesen werden. Das Gericht ist nicht verpflichtet, von sich aus Ermittlungen anzustellen oder Beweise zu suchen. Anders als im Strafrecht oder bei einem Verwaltungsgericht, dort gilt der sog. Amtsermittlungsgrundsatz, daher kann das Gericht von sich aus und muss auch ermitteln und weitere Zeugen, Beweise, Gutachten oder Ähnliches in Auftrag geben.

Solar am Balkon in Tiengen (Freiburg)

Ein Problem ist durchaus, das bei vielen Verfahren die die Deutsche Umwelthilfe angestrengt hat, die Parteien es dann nicht auf ein Urteil haben ankommen lassen, sondern einen Vergleich geschlossen haben. Oder noch laufen.

Das Urteil des Landgericht Dessau Rosslau 2 O 459/24 zur Nutzung von Steckersolar im Kleingarten, das ebenfalls mit Hilfe der Umwelthilfe erstritten wurde, haben wir in unserem Artikel zu diesem Thema besprochen. Zusammengefasst zitieren wir die Pressemitteilung des Anwalts der Kläger: „Das Gericht hat klargestellt, dass Vereinsrecht kein Freibrief ist für Klimablockade. Satzungshoheit endet dort, wo grundrechtlich geschützte Ziele wie der Ausbau Erneuerbarer Energien berührt werden. Wer pauschal Balkonkraftwerke verbieten will, handelt rechtswidrig. Auch Kleingärtnerinnen und Kleingärtner haben das Recht, ihre Dächer und Gärten im Rahmen der geltenden Regeln für den Klimaschutz zu nutzen.“

Urteile

AG Stuttgart 30.03.2021 Aktenzeichen: 37 C 2283/20

Noch vor dem neuen § 554 ging es hier um ein Steckersolargerät auf dem Balkon.

Leitsatz: „Der Vermieter darf nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund dem Mieter die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon versagen, wenn diese baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht zurückbaubar und fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist sowie keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.“

Das Gericht nimmt auch erstmalig das Staatsziel auf Klimaschutz mit in die Betrachtung hinein: „Im Zuge der politisch angestrebten Energiewende hin zu erneuerbaren Energien bringt die Solaranlage auch unter dem Aspekt des Umweltschutzes, welcher als Staatsziel in Art. 20a GG verankert ist, objektiv – wenn auch in kleinem Umfang – Vorteile. Dementsprechend wurde in der Rechtsprechung bereits im Jahr 1990 eine Solaranlage auf einer Terrasse als vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst angesehen (AG München Urt. v. 4.10.1990 – 214 C 24821/90, BeckRS 1990, 05848 Rn. 17, beck-online). In den vergangenen dreißig Jahren seit dieser Entscheidung wurde der Stellenwert des Einsatzes nachhaltiger Energiequellen nicht zuletzt durch zahlreiche staatliche Förderprogramme immer mehr in den Vordergrund gestellt, so dass die Nutzung von Solaranlagen objektiv vorteilhaft ist.

https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001475355

AG Köln, Urteil vom 26.09.2023 – 222 C 150/23

Ebenfalls noch vor dem neuen § 554 BGB wurde ein Vermieter zur Genehmigung eines Steckersolargerätes auf dem Balkon veurteilt: „nach Zahlung einer weiteren Sicherheit in Höhe von 200 € die Zustimmung zur fachmännischen Installation einer baurechtlich zulässigen Fotovoltaikanlage“

Begründung: „Dem Mieter steht im Grundsatz der mitvermietete Balkon zu seiner freien Verfügung, solange nicht die Rechte des Vermieters oder anderer Mieter beeinträchtigt werden (Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2019 § 16 Rn 73).“

Gleichzeitig schränkt das Urteil ein, es gab damals keinen Anspruch auf Anbringung am Balkon gibt. Dar Urteil erwähnt sogar: „aus Sicht des Gerichts jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage (ein Gesetzentwurf, der den beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken fördern soll, wird derzeit beraten) nicht. Denn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild eines Mietobjekts durch außenliegende Solarmodule ist unabhängig von der Frage, ob ein rückstandsfreier Rückbau nach Vertragsende überhaupt möglich wäre, gravierend.“ – Nun hat sich die Rechtslage ja deutlich geändert.

Wichtig ist hier wird erstmal eine angemessene Kaution definiert: 200 EUR. Aber eben nicht mehr.

Ebenfalls spannend ist die Festlegung des Streitwerts auf 120 EUR, wobei das Gericht di „jährlich erzielbare Stromersparnis zugrundegelegt“

https://openjur.de/u/2477192.html

AG Wiesbaden – Az.: 915 C 2171/23 – Urteil vom 26.04.2024

Noch vor dem Inkrafttreten des neuen § 20 Wohnungseigentumsgesetz mit dem Recht auf Solar am Balkon, ging es um die Genauigkeit der Beschlüsse. Juristen sprechen von „Blankett-Zustimmung“. Daher erscheint es sinnvoll einen Antrag in einer WEG Versammlung auf das Aufhängen eines Steckersolargerätes detailliert und präzise auszuarbeiten. Ob der neue § 20a mit seiner Privilegierung etwas an der Pflicht zur detaillierten Ausarbeitung ändert, das ist dahin gestellt. Denn selbst das Gericht führt aus: „… dem Grundsatz der Bestimmtheit genügt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Während in der älteren obergerichtlichen Rechtsprechung (vergleiche OLG Düsseldorf Beschluss vom 10.3.2006 -3 WX 16/06; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23.12.1999 -3 W 198/99, OLG Karlsruhe (Senat Freiburg) Beschluss vom 13.2.1998, 4W 42/97) eine derartige Blankett-Zustimmung als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend betrachtet wurde, wird in der jüngeren erstinstanzlichen Rechtsprechung (vergleiche -kurz und bündigAG München, Urteil vom 1. Juni 2023 -1293 C 13.203/22, sowie -ausführlichAmtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28. Januar 2022 – 980b C 15/21 WEG) die Auffassung vertreten, dass in einem Gestattungsbeschluss die bauliche Veränderung nach Art, Maß und Umfang genau beschrieben sein muss. Letzterer Auffassung, wird auch in der Literatur zugestimmt (vergleiche Elzer in Beck OK, WEG, 55. Edition, § 20, Rn. 39; Rüscher in Münchner Kommentar zum BGB, 9. Aufl., 2023, § 20 WEG, Rn.18).“

Quelle: https://www.ra-kotz.de/weg-blankett-genehmigung-fuer-einbau-von-balkonkraftwerken-und-split-klimageraeten.htm#das-vorliegende-urteil

Wir würden raten unsere Beschlussvorlage zu verwenden und die ggf. anzupassen. Wahrscheinlich wird man einen Kompromiss finden müssen zwischen einem möglichst wenig einengenden Beschluss, gerade im Bereich der Technik, die sich schnell ändert und allgemeinen Vorgaben, die immer gleich bleiben, etwa der Anordnung der Module (alle an ein Ende des Balkonns), Art der Aufhängung (senkrecht oder mit Winkel), Farbe (schwarz), die immer gleich bleibt um nicht jedes Balkonkraftwerk extra beschließen zu müssen.

Amtsgericht Köln, 208 C 460/23

Inzwischen sind wir schon beim neuen § 554 BGB, der ja ein Recht auf Solar dem Mieter zugesteht, das Urteil ist vom 13. Dezember 2024. Aber auch der führt nicht in allen Fällen dazu, das man machen kann was man will!

Urteil: Die Solarpaneele sind außen deutlich sichtbar an der Balkonbrüstung angebracht, so dass wegen des damit verbundenen hohen Schadensrisikos bei Unwetter der Vermieterin die Genehmigung der Anbringung nur bei entsprechender Absicherung durch eine Versicherung und eine Sicherheitsleistung zumutbar ist. (…)  Dies gilt umso mehr, als die Beklagte noch nicht einmal die fachgerechte Anbringung und die technischen Einzelheiten der Solaranlage einschließlich deren Anbringung auch nur annähernd konkret vorgetragen hat.”

Hätte der Mieter sich also nicht völlig dämlich verhalten – muss man leider so sagen – und seine Haftpflichtversicherung nachgewiesen, eine angemessene zusätzliche Kaution gestellt (ca 200 EUR!), die fachgerechte Installation, was nicht Fachunternehmer bedeutet (!), sondern was man wie gesagt selber machen kann und die technischen Einzelheiten (Typ des Wechselrichters, Aufhängung, Panel) mitgeteilt, was auch kein Problem ist, denn man kann ja die Datenblätter schicken, hätte er ein Recht darauf und wäre nicht zum Abbau verurteilt worden.

Quelle: https://nrwe.justiz.nrw.de/ag_koeln/j2024/208_C_460_23_Urteil_20241213.html 

LG Berlin II, 16.01.2024 – 85 S 11/23 WEG

Immer wieder geht es auch um die denkbare Pflicht ein bereits aufgehängtes Steckersolargerät wieder abhängen zu müssen. Das Urteil ist vom Urteil vom 16.Januar 2024, also noch vor dem neuen § 20 WEG, der ja ein Recht auf Solar vorsieht.

Hier gab es einen Eigentümer dessen Steckersolargerät nach dem Entfernung von Pflanzen sichtbar geworden war. Gericht entschied: Solarkollektoren dienen nicht dem Einbruchsschutz (leider geht hier kein WTF Emoji), in sofern verständliche Argumentation, da das Recht auf Veränderungen für Einbruchsschutz schon bestand. Offensichtlich wurde durch die WEG die Bepflanzung entfernt, so dass durch diese erst das Steckersolargerät sichtbar wurde. Zitat aus der Besprechung des Urteils: „Die Richter stellten klar, dass spätere Veränderungen durch die Eigentümergemeinschaft den ursprünglichen Genehmigungsanspruch nicht mindern“, denn „Für die Beurteilung der Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer sei der Zeitpunkt der Installation maßgeblich, nicht der spätere Zustand nach Entfernung der Bepflanzung. Zum Zeitpunkt der Errichtung waren die Sonnenkollektoren durch die Bepflanzung verdeckt und beeinträchtigten andere Eigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus“

Urteil: https://www.juris.de/static/infodienst/autoren/D_NJRE001572352.htm

Landgericht Hamburg, Beschluss vom 13. Dezember 2024, 311 S 44/24

Darin wurde von der Vermieterin u.a. die „fehlende Ästhetik“ geltend gemacht und das Gericht entschied: die ist kein Ablehnungsgrund unter Geltung der seit Oktober 2024 gültigen Neufassung des § 554 BGB im Oktober 2024.

In diesem Fall hatte der Mieter übrigens ohne vorherige Zustimmung der Vermieterin ein Balkonkraftwerk an seinem Balkon installiert. Die Vermieterin verlangte daraufhin die Entfernung der Anlage und berief sich dabei auf mehrere Argumente: „(1) der Beklagte die Solaranlage ohne Zustimmung der Klägerin auf seinem Balkon angebracht hat, (2) diese durch ihre konkrete Art der Anbringung eine optische Beeinträchtigung der Gesamtansicht der rückwärtigen Fassade des Gebäudes darstelle und zudem (3) ein Sicherheitsrisiko darstelle, da sich bei Sturm Teile der Anlage lösen könnten und (4) die Feuerwehr im Fall eines Brandes unter Umständen an den Balkon nicht mehr anleitern könne.“ (Zitat aus dem Urteil, Volltext unten)

Dies sah das zuständige Landgericht Hamburg (in zweiter Instanz) anders: „kann der Vermieter die Genehmigung einer der nach § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB privilegierten Maßnahmen verweigern, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Die Darlegungs- und ggf. Beweislast diesbezüglich liegt beim Vermieter. (Zitat aus dem Urteil, Volltext unten) – Das ist sehr wichtig, nicht der Mieter muss darlegen warum es dem Vermieter zumutbar ist, sondern der Vermieter muss verständlich und belegbar mit Argumenten darlegen, warum es ihm nicht zumutbar ist!

Auch stellt die Kammer in Frage ob es sich überhaupt bei der Anbringung eines Balkonkraftwerks, die „ohne Beschädigungen der Mietsache, die nicht durch Schönheitsreparaturen beseitigt werden könnten“, schon um eine „bauliche Veränderung der Mietsache“ im Sinne des § 554 Abs. 1 BGB“ handelt. Das sieht die Gesetzesbegründung auch so (BT-Drucks. 20/9890 Seite 17), die Kommentarliteratur sieht eine bauliche Veränderung (Schüller in BeckOK, Mietrecht, 38. Edt. Stand 01.11.2024, § 554 Rn. 7)

Drucksache 20/9890 S. 17 Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/098/2009890.pdf

Was aber egal sein kann, denn der neue § 554 BGB erlaubt ja die Vermieterinteressen beeinträchtigenden Substanzeinwirkung auf die Mietsache.

Nach Auffassung des Gerichts war die Installation zulässig und rechtmäßig, da die Vermieterin nach der neuen Gesetzeslage zur Zustimmung verpflichtet gewesen wäre. Die Kammer sah dabei das subjektive Schönheitsempfinden der Vermieterin nicht als ausreichenden Grund für die Verweigerung der Erlaubnis an.

Auch die weiteren von ihr vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Das Balkonkraftwerk sei, so das Gericht, im konkreten Fall ausreichend gesichert und ob die Feuerwehr weiterhin im Brandfall anleitern könne, sei nicht relevant, da ausreichend Fluchtwege vorhanden seien: „da auch ohne Berücksichtigung des Balkons ausreichend Fluchtwege aus der Wohnung heraus vorhanden sind (Treppenhaus und großes Fenster links neben dem Balkon).“

Auch die Tatsache, dass der Mieter vorab keine Erlaubnis eingeholt hatte, spielte keine Rolle, weil ein genereller Anspruch auf Genehmigung bestand.

Da nicht veröffentlicht, hier die vom Landgericht uns übersandte Entscheidung:

Interssant ist auch, dass das LG Hamburg konkret zwei Schutzwürdige Interessen erwähnt: „Der Mieter hat das schutzwürdige Interesse, seine Stromkosten durch die Installation einer Balkonsolaranlage zu reduzieren und einen Beitrag zur Energiewende zu leisten (vgl. Gesetzentwurf der BReg, BT-Drucks. 20/9890 Seite 15)“ und damit genau der These von Haus und Grund Vermieteranwalt widerspricht, der diese klein redet.

Amtsgericht Wedding Az 3 C5102/24

Etwas komplexe Situation, der Miteigentümer hatte bereits ein Steckersolargerät aufgestellt und dann eine Erweiterung beantragt. Die WEG hat die Erweiterung abgelehnt, dagegen hat er geklagt.

Gericht sagt: Du hast recht auf einen Grundsatzbeschluss, der dir ein Steckersolagergerät erlaubt, aber die WEG darf im Rahmen der „ordnungsgemäßen Verwaltung“ Dinge wie Installation, Fachhandwerker, Versicherung, Erscheinungsbild, etc…. regeln kann.

BGH, Urt. v. 18.07.2025 – Az. V ZR 29/24, juris

„Bauliche Veränderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 WEG nF enthaltenen Legaldefinition sind Maßnahmen, die über die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen“ (Rn. 18). Bislang war umstritten, ob eine bauliche Veränderung nur bei einem Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums vorliegen könnte (Rn. 18). Der BGH entscheidet hier das erste Mal, dass eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums nicht zwingend einen Substanzeingriff voraussetzt, sondern auch bei einer sonstigen auf Dauer angelegten Maßnahme, die das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändert, gegeben sein kann (2. Leitsatz und Rn. 18-22). In dem vorliegenden Fall wurde bei einer über die gesamte Länge des Balkons aus 9 Solarplatten bestehenden Solaranlage, schon wegen der Größe und ihrer nach außen deutlichen Sichtbarkeit, eine das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändernde Maßnahme angenommen (Rn. 23). Nicht bekannt war, ob die Solarplatten an der Balkonbrüstung oder an einer auf dem Balkon stehenden Konstruktion montiert waren (Rn. 1). Der BGH sah es als unerheblich an, ob diese Anlage nur auf dem Balkon aufsteht oder fest mit der Brüstung verbunden war. Auch eine auffällige farbliche Gestaltung war nach Ansicht des Gerichts nur zweitrangig (Rn. 23).

Der BGH erklärt weiter: Nach der seit dem 1.12.2020 geltenden Fassung des WEG dürfe eine bauliche Veränderung von einem einzelnen Wohnungseigentümer nur vorgenommen werden, wenn ein Gestattungsbeschluss vorliege (sog. Beschlusszwang). Fehle ein solcher Beschluss, stelle die Solaranlage eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB dar (Rn. 13; vgl. auch: BGH, Urteil vom 21.3.2025 – V ZR 1/24, NJW-RR 2025, 586 Rn. 10). Aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB folge dann ein Beseitigungsanspruch der WEG. Dem könne nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht entgegengehalten werden, dass nach § 20 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Gestattung bestehe (so aber nach altem Recht, also dem Recht bis 30.11.2020 – Rn. 27). „Vielmehr muss der bauwillige Wohnungseigentümer während des erstinstanzlichen Beseitigungsverfahrens eine auf Beschlussersetzung gerichtete Widerklage erheben“ (Rn. 14, vgl. auch: BGH, Urteil vom 21.3.2025 – V ZR 1/24, NJW-RR 2025, Rn. 26).

Es ist das WEG in der Fassung anzuwenden, die im Zeitpunkt gilt, zu dem die bauliche Veränderung abgeschlossen ist (Rn. 10; vgl. auch BGH, a.a.O., Rn. 8, 33).

BGH, Urt. v. 21.03.2025 – Az. V ZR 1/24

Interessant zum Verhältnis Wohnungseigentümergemeinschaft – einzelner Eigentümer – Mieter/Pächter!

Das Urteil betrifft Umbauten an einem ehemaligen Restaurant, welches dann als Shisha-Bar benutzt werden sollte, durch die Pächter (u.a. Abriss einer tragenden Wand, Verlegung von Kabeln und einer Abwasserleitung durch die Deckenplatte zwischen Gewerbeeinheit und Keller). Die Eigentümergemeinschaft beschloss den Eigentümer des Ladenlokals auf Rückbau in Anspruch zu nehmen und klagte gegen ihn.

Das Gericht entschied, dass der vermietende Wohnungseigentümer als mittelbarer Handlungsstörer und damit Verantwortlicher anzusehen sei, wenn kein Gestattungsbeschluss für die baulichen Veränderungen vorliege und er 
– diese Veränderungen seinem Mieter gleichwohl erlaube,
– der Eigentümer mit baulichen Veränderungen rechnen müsse und den Mieter gleichwohl nicht auf das Erfordernis eines vorherigen Gestattungsbeschlusses hinweise, oder
– er es unterlasse, gegen den Mieter einzuschreiten, nachdem er von der Vornahme der baulichen Veränderungen Kenntnis erlangt habe (Leitsatz 1).

Dem Beseitigungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB könne seit der Änderung des WEG, die zum 1.12.2020 in Kraft getreten ist, nicht mehr entgegengehalten werden, dass ein Gestattungsanspruch bestehe (Leitsatz 2). Der BGH weiter: „Der Gesetzgeber hat sich für den in § 20 Abs. 1 WEG normierten sogenannten Beschlusszwang entschieden, um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden und die vielfältigen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen zu beseitigen (vgl. BT-Drucks. 19/18791, S. 62, 65). Klargestellt wird, dass jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums eines legitimierenden Beschlusses bedarf, auch wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden. Für den bauwilligen Wohnungseigentümer hat der legitimierende Beschluss den Vorteil, dass er – ebenso wie eventuelle Rechtsnachfolger – durch dessen Bestandskraft Rechtssicherheit hat (vgl. BT-Drucks. 19/18791, S. 62) (Rn. 23).

Der Eigentümer könne sich wehren, indem er während des erstinstanzlichen Verfahrens Widerklage auf Ersetzung des Beschlusses erhebe. In diesem Falle könnten die zwischen den Parteien streitigen Fragen zeitnah in einem Verfahren geklärt werden. Bedürfe der widerklagend geltend gemachte Gestattungsbeschluss näherer Aufklärung, habe in der Regel gemäß § 301 Abs. 2 ZPO ein Teilurteil über den an sich entscheidungsreifen Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterbleiben. Das gelte nicht, wenn die Beschlussersetzungsklage erst später erhoben werde (nach der letzten mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren). Es gelte auch nicht für die Unterlassungsklage, mit der (lediglich) der Beginn oder die Fortsetzung einer nicht gestatteten baulichen Veränderung unterbunden werden solle (Rn. 27, 28).

Amtsgericht Wolfratshausen 26.04.2024 – 1 C 577/23 WEG

Noch vor dem Inkrafttreten des neuen § 20 WEG mit der Priviligierung entschied das Amtsgericht Wolfratshausen:

Verständlichkeit der Regeln: Alle Beschlüsse müssen klar und eindeutig formuliert oder zumindest nachvollziehbar sein, damit jeder Eigentümer versteht, was erlaubt ist und was nicht. Dies ist besonders wichtig, weil solche Beschlüsse auch für künftige Eigentümer bindend sind.
Keine grundlegende Veränderung: Eine bauliche Veränderung darf nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der gesamten Wohnanlage führen. Das Gesetz erlaubt bauliche Veränderungen grundsätzlich leichter als früher, daher muss der Eingriff schon sehr tiefgreifend sein, um als „grundlegend“ zu gelten.
Keine unbillige Benachteiligung: Ein Beschluss darf keinen einzelnen Eigentümer ungerechtfertigt benachteiligen, also Nachteile zumuten, die nicht durch die Vorteile für die Gemeinschaft ausgeglichen werden und eine Art von Ungleichbehandlung darstellen. Die Beweislast, dass eine solche Benachteiligung vorliegt, trägt derjenige, der dies behauptet.

Zusammenfassung bei: https://www.mietrechtsiegen.de/balkonkraftwerk-weg-auflagen-unwirksam/

So sagt das Gericht:

„Der Beschluss ist nicht deshalb unbestimmt oder unbestimmbar, weil er keine nähere Konkretisierung darüber enthält, welche Regeln der VDE und welche sonstigen technischen Vorgaben bei der Errichtung der Balkonkraftwerke einzuhalten sind. Im Beschluss ist klar und deutlich geregelt, dass die Installation fachgerecht und nach den allgemein „anerkannten Regeln der Technik“ zu erfolgen hat. Bei dem Begriff „anerkannte Regeln der Technik“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Konkret bedeutet das: Die ausführende Firma hat die Errichtung der Solarpaneele so vorzunehmen, dass diese in ihrer Montage, Ausrichtung, Größe etc. den rechtlichen und technischen Vorgaben genügen. Dazu gehört im Übrigen auch, dass Vorkehrungen für den Brandschutz getroffenen werden. (…) Auch dass der Beschluss keine Angaben zur Art, Farbe, Struktur oder Größe enthält mach diesen nicht unbestimmt. Die maximale Einspeiseleistung von 600 W wurde geregelt, wobei diese ohnehin gesetzlich vorgegeben ist und im Beschluss auf die aktuelle und zukünftige Gesetzesänderung hingewiesen wurde. (…) Dass keine konkrete Vorgabe zur Farbe getroffen wurde macht den Beschluss ebenfalls nicht unbestimmt. (…) Der Beschluss ist auch nicht etwa deshalb unbestimmt, da kein Neigungswinkel vorgegeben wurde.“

Ganzes Urteil unter: https://openjur.de/u/2502805.html

Weitere Informationen

Fußnoten

  1. „Dementsprechend wurde in der Rechtsprechung bereits im Jahr 1990 eine Solaranlage auf einer Terrasse als vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst angesehen (AG München Urt. v. 4.10.1990 – 214 C 24821/90, BeckRS 1990, 05848 Rn. 17, beck-online)“ Zitat aus dem Urteil des Amtsgericht Stuttgart ↩︎
Veröffentlicht in Alle.