Eine kommunale badische Wohnungsbaugesellschaft versucht ihre Bewohner:innen vom Nutzen von Steckersolar durch umfassende und teuere Auflagen abzubringen.
Der Auflagenkatalog umfasste:
- Nennung des genauen Fabrikates
- Das Balkonmodul darf nicht über die Balkonbrüstung (Höhe und Seite) hinausragen
- Das PV Modul muss vertikal, nicht schräg/ausgestellt, montiert werden
- Von dem Modul darf keine Blendwirkung ausgehen
- Alle in Verbindung mit der Einrichtung der Balkon-PV-Anlage stehenden Maßnahmen (Sicherung, Stromzähler, Einspeisesteckdose, Einrichtung und Überprüfung der Stromkreise etc.) sind ausschließlich durch eingetragene Elektroinstallateure nach den anerkannten Regeln der Technik durchzuführen
- Die unwetter- und sturmsichere Montage (Befestigung des Moduls am Balkon) muss durch einen Fachbetrieb durchgeführt und nachgewiesen werden
- Registrierung im Marktstammdatenregister
- Nachweis über Konformitätserklärung beim Netzbetreiber
- Nachweis darüber, dass die Außensteckdose für diesen Betriebszweck zugelassen ist.”
Wir haben einen Brief verfasst und möchten damit auch den politischen Druck auf die lokalen Akteure aufbauen. Der Text darf auch gerne verwendet werden. Es ist aber schon bezeichnend, wenn bei etwa 8000 Wohnungen (Stand 11/2023) nur 13 genehmigte Balkonkraftwerke gibt (Stand 11/2024). Das entspricht 0,178 Prozent.
Unsere Antwort:
1. Es ist mir nicht klar, was mit dieser Information bezweckt wird. Gibt es bei der X Personen, die dann anhand des Fabrikates eine Prüfung (welcher Art? Nach welchen Kriterien?) vornehmen und dann nur bestimmte Geräte zulassen?
2. Sicherlich ist es sinnvoll, dass ein Solarpanel nicht nach unten herausragt, um bei anderen Mietern des Hauses keine Verschattung hervorzurufen. Warum es allerdings ein Problem sein soll, wenn ich meinen eigenen Balkon verschatte, verstehe ich nicht. Besondere Sicherheitsbedenken ergeben sich auch durch einen geringen Überstand nicht.
3. Für diese Auflage gibt es keine Begründung, sie ist auch unsinnig. Es verstößt auch gegen das eindeutig in § 554 geregelte Recht auf Steckersolar. Es dürfen nicht nur Substanzeingriffe vorgenommen werden, sprich, ich darf etwa ein Loch in den Balkon bohren, um das Solarpanel zu befestigen, sondern ein Handwerker dürfte auch ein Loch bohren, um etwa eine Außensteckdose anzubringen. Das ergibt sich zum einen aus der Systematik um den Wortlaut: So muss ich z.b. für behindertengerechte Umbauten, etwa das Anbringen von Haltegriffen im Bad, auf das ich ebenso ein Recht habe, auch Löcher in die Wand bohren (ggf. sogar durch die Fliesen).
4. Blendwirkung. Diese Auflage ist unnötig. Ich verweise auf das Gutachten der DGS Berlin Brandenburg: “PV-Module werden in der Regel mit speziellen Solargläsern gefertigt und der überwiegende Anteil (etwa 90 Prozent) ist mit einer Antireflexschicht versehen. Durch eine solche Beschichtung lässt sich der Reflexionsgrad am Frontglas von etwa 4 Prozent auf etwa 2 Prozent halbieren (bei senkrechter Einstrahlung). Im Vergleich zu Fensterscheiben oder Glasfassaden ist also bei PV-Modulen von geringeren Leuchtdichten auszugehen, da deutlich weniger Licht zurückgestrahlt wird.
Ab einer Entfernung von 25 Metern von der Balkon-Solaranlage liegt die maximale tägliche Reflexionsdauer entsprechend unterhalb von 30 Minuten pro Tag. Aufgrund der sich über das Jahr ändernden Sonnenlaufbahn können die Reflexionen im ungünstigsten Fall mit verringerter Dauer bis zu vier Wochen auftreten. Dies beschränkt die maximale Blenddauer auf einen Immissionsort in einer Entfernung von 25 Meter über ein Jahr auf einen Wert von ca. 7 Stunden.“
unter: https://balkon.solar/news/2024/06/04/blendung-durch-balkonsolar-naeaeae/
5 und 6. Die Vorschrift einer Anbringung durch “Fachunternehmer“ ist rechtswidrig und absurd. Bei Steckersolargeräten handelt es sich um von Laien bedienbare und installierbare Geräte. Die “fachgerechte Installation“ ist jedem durchschnittlichen Mieter zuzutrauen, der sich vorher über die Anbringung aus üblichen Quellen (Herstelleranleitung und Websites) informiert hat und dies bestimmungsgemäß ausführt.
Für die Nutzung von Steckersolargeräten sind keine zusätzlichen Arbeiten an der Elektroinstallation notwendig. Bereits heute darf die Einspeisung über eine normale Schutzkontaktsteckdose vorgenommen werden. Selbst die energierechtlich zuständige Regulierungsbehörde hat gegen einen Anschluss an eine Schukosteckdose keine Bedenken, vgl. https://www.heise.de/news/Chef-der-Bundesnetzagentur-unterstuetzt-Schuko-Stecker-fuer-Balkonkraftwerke-7443990.html
Auch im aktuellen Normentwurf des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (das ist die Produktnorm DIN VDE V 0126-95 (VDE V 0126-95) ist diese Möglichkeit explizit vorgesehen, vgl. dazu nur die Pressemitteilung des VDE vom 07.05.24: https://www.vde.com/de/presse/pressemitteilungen/2024-05-07-balkonkraftwerke-produktnorm-konsens-anschlussregeln darin: „(…) Außerdem verständigte sich das zuständige Normungsgremium auf mehrere Schutzmaßnahmen, um Mini-PV-Anlage auch über einen Schutzkontaktstecker an eine herkömmliche Haushaltssteckdose anschließen zu können. Dafür müssen der Basisschutz und die elektrische Sicherheit wahlweise mechanisch oder elektromechanisch gewährleistet sein. Zum einen kann der Steckerkopf eine mechanische Trennung aufweisen, die sicherstellt, dass Personen keinen aktiven Leiter berühren können. Zum anderen kann der Basisschutz auch über eine galvanische Trennung im Wechselrichter realisiert werden. Dazu muss der Wechselrichter zusätzliche Anforderungen erfüllen.“
Insgesamt sind in dieser neuen VDE-Norm drei Möglichkeiten für die AC-Steckverbindung vorgesehen, darunter ebenfalls: Anschluss an den klassischen Schuko-Stecker, mit Verwendung von Wechselrichtern mit NA-Schutz.
Wenn ein Mieter also einen CE- und TÜV-geprüften Wechselrichter nutzt und diesen an eine Schuko-Steckdose anschließt, ist das normgerecht und existiert eine spezielle Sicherungsfunktion mit integriertem NA-Schutz (Netzausfallschutz), sodass der Netz- und Anlagenschutz (einfehlersicher nach 0,2 Sekunden) gewährleistet ist. Die Netzschutzanforderungen nach FNN/ VDE-AR-N 4105 werden damit erfüllt.
Es ist daher kein Grund dafür ersichtlich, dass gegen den seitens der fachlich zuständigen Aufsichtsbehörde explizit anerkannten elektrotechnischen Anschluss der Module nebst CE-geprüftem Wechselrichter mit NA-Schutz mietrechtliche Bedenken bestünden.
Im Gegenteil: Eine Vermieterin ist keine Aufsichtsbehörde. Sie kann sich vielmehr auf Aussagen der Aufsichtsbehörde verlassen und ist aber auch an diese gebunden. Es ist jedenfalls keine mietrechtliche Begründung dafür ersichtlich, dass nur, weil ein Balkon vermietet ist, an diesen höheren sicherheitstechnischen Anforderungen zu stellen seien, als an einen nicht vermieteten Balkon. Vielmehr muss gelten: wenn die fachlich zuständige Aufsichts- und Regulierungsbehörde gegen die Art des Anschlusses (hier an eine Schuko-Steckdose als normgerechte Außensteckdose) keine Bedenken hat, dann kann der Vermieter jedenfalls keine energierechtlichen Begründungen für einen angeblich höher gebotenen elektrotechnischen Schutz anführen.
7. Das Rechtsverhältnis besteht zwischen Netzbetreiber und Stromkunde. Diese Auflage ist ein ungerechtfertigter und übergriffiger Eingriff in fremde Rechtsbeziehungen. Der Vermieter überprüft auch nicht, ob das Kfz auf dem angemieteten Stellplatz versichert ist oder ich meine Rundfunkbeiträge bezahle. Eine Vermieterin ist keine Energieaufsichtsbehörde.
8. Seit der Verabschiedung des Solarpakets 1 ist die Anmeldepflicht beim Netzbetreiber entfallen. Offensichtlich ist dies bisher nicht durchgedrungen, deshalb hier der Verweis auf das Gesetz: § 8 neue Absatz 5a:
„(5a) Ein Steckersolargerät oder mehrere Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 Kilowatt und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden und der unentgeltlichen Abnahme zugeordnet werden, können unter Einhaltung der für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen angeschlossen werden.
Registrierungspflichten nach der Marktstammdatenregisterverordnung bleiben unberührt; zusätzliche gegenüber dem Netzbetreiber abzugebende Meldungen von Anlagen nach Satz 1 können nicht verlangt werden.“
9. Für die Nutzung eines Steckersolargerätes ist jede Schuko-Steckdose zugelassen, siehe den Normentwurf zur neuen Steckersolarnorm. Eine besondere Zulassung existiert nicht. Siehe Anlage.